Soziopod #021: Propaganda – Verbrannt, verkannt und doch allgegenwärtig?!

In der neuen Ausgabe versucht Herr Breitenbach mit einem kleinen Crashkurs in Sachen Propaganda zu beginnen. Wie ist der Begriff einzuordnen, wann fand er das erste Mal Anwendung? Über die Geschichte geht es dann hurtig zur Gegenwart und dem Propagandamodell von Noam Chomsky und Edward S. Herman, welches die permanent stattfindende Propaganda der Medien systemisch versucht zu beschreiben. Das wiederum führt Herrn Breitenbach und Doktor Köbel zu der Frage, ob das ganze Leben nicht eigentlich aus Propaganda besteht, wenn man von dem Begriff ausgeht, dass man bestimmte Ideen und Überzeugungen an Menschen verbreiten möchte, zumal es ja keine letztgültige beweisbare Wahrheit laut Popper und Konstruktivisten gibt. Mündet alles in Vertrauen und der Gewinnung von Vertrauen? Kann und muss man sich vor Propaganda schützen und gibt es auch Propaganda für den guten Zweck? Wo ist der Graben zwischen Idealismus und Pragmatismus?

Links zur Sendung:

Klaus Merten: Die Konstruktion von Macht durch Kommunikation – am Beispiel von Propaganda

CRE190: Rhetorik

Das philosophische Radio mit Harald Wasser über Rhetorik

Edward Bernays: Propaganda (PDF der englischen Originalausgabe)

Edward S. Herman and Noam Chomsky: Manufacturing Consent: The Political Economy of the Mass Media

Die Medienanalyse von Edward S. Herman und Noam Chomsky und ihre Anwendbarkeit auf die deutsche Medienlandschaft

Youtube Vortrag: Noam Chomsky – The Political Economy of the Mass Media – Part 1

Edward Bernays Audiofeature: And everybody is happy!

Youtube: BBC: The Century Of The Self

Filmtipp: Wag the dog

Filmtipp: Thank you for smoking


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Kommentare

17 Antworten zu „Soziopod #021: Propaganda – Verbrannt, verkannt und doch allgegenwärtig?!“

  1. […] Soziopod: Soziopod #021: Propaganda – Verbrannt, verkannt und doch allgegenwärtig?! […]

  2. Brandl

    Danke für diese ambitionierte Sendung.
    Neben vielen lehrreichen Einsichten hat euer Gespräch einige Fragen offen gelassen.
    Nach dem Referats-Teil gab es einen ziemlichen Bruch, denn die provokanten Thesen von Bernays und auch Chomsky wurden nicht tiefergehend diskutiert. Stattdessen kreiste das Gespräch dann schnell um Fragen nach den normativen Gesichtspunkten einer auf Bildung und Werte-Vermittlung ausgelegten Sozialisation. Und zwar speziell unter der aufklärerischen Prämisse, dem Menschen einen Ausweg aus seiner Unmündigkeit zu ermöglichen. Was mir gefehlt hat war der Weg zurück zur makro-soziologische Perspektive. 
    Bernays These war ja, dass Propaganda das zentrale Herrschaftsinstrument einer politischen Elite in einer Demokratie darstellt: Das Volk herrscht – wird aber gleichzeitig beherrscht. Und ist in seiner politischen Willensbildung so hochgradig unmündig, dass Demokratie tatsächlich als mittelbare Herrschaft einer Elite gelten kann. Diese pessimistische Perspektive der Propaganda als Kontrollmechanismus innerhalb demokratischer Verhältnisse wäre es nochmal wert, beleuchtet zu werden. Dazu kommt dann noch Chomskys Theorie der Leit-Medien als Institution dezentraler Propaganda, die nicht auf staatlich erwirkte Gleichschaltung gestützt sind, jedoch aufgrund ökonomischer und sozialer Bedingungen einem so starken Konsens-Zwang unterliegen, dass sie prinzipiell die geltenden Herrschaftsverhältnisse manifestieren.
     
    Man könnte hier etwa unter diskurstheoretischen Aspekten diskutieren, von welchen Akteuren und Mediatoren der politische Diskurs beherrscht wird. Man könnte überlegen, wie selbige etwa Vorstellungen über politische Notwendigkeiten, Paradigmen, Verantwortung oder Leitbilder eines nationalen Selbstverständnisses auf eine Weise vermitteln, dass sie Bestandteil eines sozialen Alltagsverständnisses / common sense werden.
     
    Ein interessantes Beispiel mit dem ich mich beschäftigte, ist der politische Diskurs am Vorabend des Kosovokrieges an dem die Bundeswehr teilnehmen sollte. Die eigentlich äußerst Kriegs-abgeneigte Bevölkerung konnte für das Vorhaben rasch mobilisiert werden, indem parteiübergreifend der Kriegseintritt als logische Konsequenz aus der Maxime >>Nie wieder Ausschwitz<<  gedeutet wurde. (uA. unter Verweis auf vermeintliche serbische Konzentrationslager – diese und weitere historische Anknüpfungen an den NS-Terror erwiesen sich später als irreführend.)
    Dies ist ein exemplarischer Fall, bei dem durch Rückgriff auf Symbole und die Kontinuität historischer Verantwortung Sinnstiftung betrieben und ein Bevölkerungs-durchdringender Konsens gebildet werden konnte. Erstaunlich ist dabei nicht die Tatsache, dass die BRD sich an diesem Krieg beteiligt hat (hierzu können zweifellos unterschiedliche ethische begründete Positionen existieren). Erstaunlich ist, dass ein solcher Kriegseintritt in einer Kriegs-abgeneigten Bevölkerung kaum signifikanten Widerstand hervorruft.
    Der Blick auf US-amerikanische Kriegs-Abenteuer liefert freilich noch markantere Beispiele bei denen durch humanitäre Ummantelung von geplanten Kriegen effektiv eine überwältigende Konformität im Zuspruch der Bevölkerung und somit demokratische Legitimation hergestellt wurde – und dabei die Medien tatkräftige Unterstützung leisteten.
    Es gibt einen sehenswerten Dokumentarfilm namens "war made easy", der das Verhalten der nationalen Leitmedien im Vorfeld von Kriegen rekapituliert und zu interessanten Erkenntnissen kommt, die man als empirischen Beleg für die Herman/Chomsky-Theorie werten könnte. 
     
    Wer den Film mal anschauen mag: Er lief  im ZDF und ist hier zu sehen: http://www.youtube.com/watch?v=J_souEi9gaE

  3. breitenbach

    @Brandl Vielen Dank für die zahlreichen Ergänzungen. Vielleicht können wir das Thema noch mal zu einem anderen Zeitpunkt aufgreifen.

  4. kulturaktivist

    Hallo,
     
    vielen Dank auch von mir. Ich muss gestehen, dass mir die sonstigen Sendungen besser gefallen haben, da ich die fachliche/wissenschaftliche Aufarbeitung doch sehr schätze. Mir persönlich war dieser Podcast zum einen zu häufig mit "alltagswissenschaftlchen" Aussagen gestückt und zum anderen wurde meiner Ansicht nacht oftmals am Thema vorbei gesprochen bzw. zu weit ausgeholt. Das lag sicherlich an der spontanen Umsetzung; soll heißen: bitte wieder vorbereiten, darauf warte ich gerne auch länger auf einen Beitrag.
     
    Trotzdem waren die Ausschweife interessant. Die Sendung hatte Potential, konnte es aber nicht so recht entfalten. Mir fehlte zum Beispiel eine genaue Definition oder Definitionsvorschläge; bzw. eine genauere Abgrenzung zu Werbung und Marketing. Die Sendung war doch sehr stark von einem "ich denke/ meine/ finde/ glaube"-Tenor bestimmt und weniger von einem "ich weiß" – wobei das mit dem Wissen ja auch seine Tücken hat, nicht wahr? 🙂 Man könnte zum Beispiel Propaganda dadurch abgrenzen, dass hier nur Aufmerksamkeit erzeugt werden soll, jedoch auf die "Wahrheit" (oder auch Wahrhaftigkeit) weniger Wert gelegt wird.
     
    Freue mich auf den nächsten Podcast!

  5. breitenbach

    @kulturaktivist "Ich weiß" würde ich glaube ich sowieso nie sagen ;-)Das Ausschweifen war ja ein aktiver Denkvorgang ein Erarbeiten von Erkenntnis. Ich glaube das versuchen wir aber immer. Einführung und dann freie Diskussion. Ich bin jedenfalls nie scharf darauf irgendetwas als Wissen zu konstatieren. Und ich würde ganz und gar nicht behaupten, Propaganda zielt nur auf die Gewinnung von Aufmerksamkeit ab. Ganz im Gegenteil. Das tut ja die Werbung in erster Linie. Propaganda möchte Masse im Verhalten beeinflussen, also auch suggerieren dass sie sich an einer Wahrheit orientieren. Das hätte aber eigentlich durch die Vorstellung der politischen Propaganda, bei der es ja ausschließlich um Wahrheitsverbreitung im Sinne einer Ideologie geht, rüberkommen müssen. Schade wenn nicht. Aber wie gesagt, ich vermute dazu wird es noch einen Folgepodcast geben.
     
    Danke für Lob und Anregung.

  6. Appu Rani

    ich möchte mal ein dickes Lob für das Design der Site loswerden, gefällt mir außerordentlich gut.

  7. breitenbach

    @Appu Rani Dankeschön. Das höre ich natürlich ganz besonders gerne. 🙂

  8. Michael78muc

    Erst mal danke für euren Podcast, eine echte Bereicherung im Netz!
     
    Ins Themengebiet verbrannte Begriffe Rund um Propaganda vs. PR vs. Marketing wollte ich noch einen ganz anderen Begriff reinassoziieren, und zwar den Begriff der Magie. Wobei ich Magie verstehe als: Die Technik der Änderung der Realität durch Information.
    Mit Realität ist nun beides gemeint, die subjektive Erlebnisrealität des Verzauberten, und natürlich auch die „Objektive-Realität“ also die Gesamtwahrnehmung der Masse, des kulturellen Archetyps.
    Es wird zwischen weißer und schwarzer Magie unterschieden, wobei die weiße Magie dem Menschen helfen soll sich zu entwickeln, oder er soll von belastenden Zuständen befreit werden, die durch Erlebnisse hervorgerufen wurden, die selbstblockierendes Verhalten konditioniert haben. Solche Erlebnisse können auch durch den Einfluss von schwarzer Magie entstanden sein, ein Schadenszauber, der durch Worte eingeleitet, und durch Symbole verstärkt und verankert wurde bindet sein Opfer dann besonders gut, wenn ständig wiederholt wird wie gut er bei anderen Opfern bereits wirkt. Die Opfer werden dadurch irrational, in Liebe zu dem Symbol verblendet, ihrer Seele und Selbstbestimmung beraubt. Angst und die Sehnsucht nach Liebe (Zugerhörigkeit) sind die stärksten Waffen der schwarzen Magie.
    Wissen ist nicht nur der beste Schutz vor Angst, aus Wissen (dem Erkennen von Zusammenhängen, verstehen wie es dazu kam) erwächst auch Empathie, Mitgefühl und Verständnis, darum ist Wissen und freier Austausch der Information (eigentlich der Erkenntnis, also das was im englischen der Unterschied ist zwischen (Information->Knowledge->Intelligence) die stärkste „Waffe“ (Werkzeug) der weißen Magie.
    Das erste Buch über NLP (von Bandler und Grinder) hieß „ The structure of magic“, und NLP ist die praktische Anwendung der Erkenntnisse des radikalen Konstruktivismus.
    Ich würde mich sehr freuen, eure Meinung zu meinem Statement zu hören!
    Viele Grüße, Michael

  9. LarissaLaubach

    Echt interessante Gedankengänge. Ich sehe Propaganda als eine Form der (einseitigen) Kommunikation, die der Manipulation anderer dient, wogegen z.B. eine Diskussion mehrere Seiten mit einbezieht. Diese Form der Kommunikation kann man natürlich auf allen Gebieten einsetzen: Politik, Medien, soziale Beziehungen. Und zu allen Zwecken, ob um Macht/Geld zu erlangen oder die Umwelt zu schützen.

  10. […] Ein weiteres Resultat aus der oben beschriebenen Reaktanz von klassischen Werbeformen ist die Entstehung neuer Formen der Kundenbeeinflussung. Die „Public Relation“ ist zum Beispiel auch aus dem Gedanken entstanden Menschen zu beinflussen, ohne sie mit nervigen Werbeanzeigen zuzuballern. Die Public Relation ist also ein Meister der verschleierten Werbung, auch wenn ihre Akteure das so nie schreiben würden, sie formulieren das wesentlich eloquenter als ich zum Beispiel mit „Aufklärungsarbeit“ oder „Kommunikative Vermittlungsarbeit zwischen Auftraggeber und der Öffentlichkeit“. Lange Jahre war also das Ziel der “Public Relation” eine Beziehung mit der Öffentlichkeit aufzubauen, meist über Bande durch die Beziehung zu Journalisten. Dort wurden dann Geschichten inszeniert und platziert. […]

  11. […] Ein weiteres Resultat aus der oben beschriebenen Reaktanz von klassischen Werbeformen ist die Entstehung neuer Formen der Kundenbeeinflussung. Die „Public Relation“ ist zum Beispiel auch aus dem Gedanken entstanden Menschen zu beinflussen, ohne sie mit nervigen Werbeanzeigen zuzuballern. Die Public Relation ist also ein Meister der verschleierten Werbung, auch wenn ihre Akteure das so nie schreiben würden, sie formulieren das wesentlich eloquenter als ich zum Beispiel mit „Aufklärungsarbeit“ oder „Kommunikative Vermittlungsarbeit zwischen Auftraggeber und der Öffentlichkeit“. Lange Jahre war also das Ziel der “Public Relation” eine Beziehung mit der Öffentlichkeit aufzubauen, meist über Bande durch die Beziehung zu Journalisten. Dort wurden dann Geschichten inszeniert und platziert. […]

  12. […] ist intentionale Einflussnahme auf Kinder und Jugendliche; Erziehung ist auch Manipulation; “Kann man überhaupt nicht nicht manipulieren?” Propaganda Podcast;deskriptive Erziehungswissenschaft; normative Erziehungswissenschaft; Befehlshaushalt zu […]

  13. Joachim

    Hey Leute, inhaltlich seit ihr Klasse, aber benutzt doch bitte Taschentücher!!! Danke!

  14. Fragender

    Das andere Mittel neben der Bildung ist Journalismus. Journalismus hat die Aufgaben, Fakten zu sammeln, zu werten und zu diskutieren. Leider nimmt der Journalismus ab, weil er sich nicht mehr rechnet.
    Zu den Filtern: Warum muss man als reichweitenstarkes Massenmedium anfangen, was sicherlich viel Geld verschlingt? Der Kapitalismus bietet ja auch Schleichwege an. Ein kleines Magazin mit ein paar tausend Exemplare zu starten, ist nicht so schwer. Dieses Magazin kann ja auch wachsen.

    Zu Propaganda. Man unterschätzt die Menschen. Den schwarzen Kanal hat kaum jemand in der DDR geguckt, es war zu platt.

  15. Doc

    @Herr Breitenbach & Dr. Köbel

    ich denke Sie beide haben Recht. Natürlich muss man die Schüler dort abholen wo Sie stehen. Dies geschieht am besten niedrigschwellig. Allerdings darf man sich nicht anbiedern. Und da bin ich dann ganz bei Dr. Köbel. Man muss authentisch sein ohne überheblich zu wirken – und echte Bildung oder besser Herausbildung der Persönlichkeit verleiht einer Person einen Habitus welcher bei den Jugendlichen Aufmerksamkeit weckt und eben auch den Wunsch weckt selbst so souverän agieren zu können.

    Denn gerade im jugendlichen Alter sind diese Menschen noch sehr von Unsicherheit geprägt – auch wenn Sie es nach außen durch cooles Auftreten oder irgendwelche Gadgets zu verschleiern suchen.

    Ein Pädagoge mit einer intrinsischen „Lust am Zeugen“ (Hans Thiersch) – wird von den Jugendlichen ernst genommen, weil dieser Mensch versteht es die Jugend dort abzuholen wo Sie stehen indem er Bildung spannend und greifbar macht und damit das Bildungsinteresse in dem Heranwachsenden weckt.

    Man kann diese Macht die man über den Jugendlichen hat natürlich auch missbrauchen, und da wird es schwierig. Stichwort Odenwaldschule oder auch staatliche Schulen in welchen Pädagogen extreme politische Ansichten geschickt verpackt in Gehirne der Heranwachsenden pflanzen.

    Pädagoge zu sein ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, und man sollte gut prüfen wen man auf die Jugend los lässt.

  16. JackoRoggenbrot

    „Du merkst schon 1928 war Feminismus noch nicht ganz so ausgebildet.“ Aha! Also Frauen unterdrücken uns auf. Lol

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