Soziopod Live & Analog #003: „Soziale Ungleichheit & Bildung“ in Berlin

Aufgenommen am 14.09.2016 in Berlin im Heimathafen Neukölln.
Bild: Jakob Ledig

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4 Antworten zu „Soziopod Live & Analog #003: „Soziale Ungleichheit & Bildung“ in Berlin“

  1. Marie-Therese Hattendorf

    Lieder Dr. Köbel,

    ich muss mein Podcasthören unterbrechen und danken. Ihr Kommentar zur Wirkung von der Bolognareform auf die Studenten spricht mir aus dem Herzen und auch aus meiner Erfahrung.

    Ich war in den letzten 7 Jahren Student, in der Zeit hatte ich auch mit verschiedenen studentischen Aktionsgruppen zu tun z.B. studentische Selbstverwaltung, von studenten geführtes Studicafe und habe auch selbst drei Übungsgruppen für Gewaltfreie Kommunikation ins Leben gerufen.
    Was mir gefehlt hat, ist der Wille sich zu engagieren und selbst etwas kreativ zu gestalten.
    Was mir gefehlt hat, ist der Durst, wirklich wissen zu wollen. Etwas zu wagen, wie Sie sagen. In das Ungewisse zu gehen im Bildungsprozess.
    Ich war nach dem Abitur arbeiten, reisen und habe in der Zeit meinen Schülerhabitus durchbrochen. Ich war im ZEGG, ich habe erlebt, das Menschen einander gleichberechtigt und ebenbürtig sind und ich mit 19 Jahren genauso wertgeschätzt und respektiert wurde von Menschen mit 50 Jahren. Auch mit meinen „unerfahreren“ Ansichten. Wer weiß denn bitte, was ein Mensch erlebt hat, auch mit 19 Jahren, mit 12 Jahren, dass er noch nicht erlebt hat?
    Wahrscheinlich fiel mir deswegen auf, wie schulähnlich die Universität ablief, wie die Interaktion mit den Dozenten war. Ich hatte mir Uni anders vorgestellt. Dass ich interessierte, engagierte Menschen treffen würde. Dass der Umgang auch zwischen Dozent und Student kollgeial sei.
    Ich habe in den Übungsgruppen GfK genau gemerkt, wie die Leute dort waren, weil es sie interessierte, weil sie was lernen wollten, und sie auf der anderen Seite so wenig wie möglich tun wollten, weil sie in den anderen Kursen Dinge tun mussten, weil sie auch so viele Kursen machen mussten, um in „Regelstudienzeit“ (=Mindeststudiendauer) zu bleiben. Schlicht weil die Uni Schule ist. Nur dass der Zwang nun nicht mehr außen von Lehrer kommt; sondern vom Bafögamt, von dem du kein Geld mehr kriegst, wenn du nach 3 Semestern nicht nachweisen kannst, in Regelstudienzeit zu sein. Von der Arbeitswelt. Angeblich hat man keine Chance, wenn man nicht in Regelstudienzeit bleibt. (maximal plus 1 Semester) Diese Angst hat mich am meisten irritiert. Ich habe angefangen mit Philosophie im Hauptfach und mir wurde dort im Einführungsblockseminar von Studenten erzhählt, „Ihr könnt es in Regelstudienzeit schaffen! Wenn ihr euch anstrengt, könnt ihr es in Regelstudienzeit schaffen!“ Das war in der O-Ton. In Philosophie!
    Ich habe diese Angst und Spannung wahrgenommen, wenn es um Noten geht (ab dem Stichwort Noten ist der Inhalt irrelevant) und wenn es um Verhandlungen mit dem/der Dozenten/in geht. Ich war erschrocken, dass Studenten sich socialisen, indem sie über den Dozenten herziehen. Nein, keiner hat den Arsch in dern Hosen, mit dem Professor darüber zu reden, wenn er ein Problem hat. Der Dozent ist kein Mensch, sondern ein Lehrer. Vornerum ist man freundlich, gibt sich intellektuell, folgt „Anweisungen“. Hintenrum lästert man und regt sich darüber auf, dass die Anforderungen für so und so viel Leistungspunkte viel zu viel seien. Und wenn ein Professor mal einen schlechte Spruch macht, ist er gleich ein Sexist. (so vorgekommen) Vielleicht bin ich GfK-geschädigt (oder einfach erwachsen?), dass ich den Menschen sehen möchte. Und ich habe in dieser Situation einen Menschen gesehen, der versucht hat mit den Studenten gleichberechtigt zu sprechen und sich unsicher war, wie er sie erreichen kann.

    Von der Schule in die Schule. Und eine Bildung der Person, des Herzens, findet nicht statt, wie sie auch schon in der Schule hinter dem Anhäufen von Wissen zurückbleibt.
    Naja, das klingt jetzt schon pauschal. Ich war jedenfalls krass schockiert von dieser Uni heutzutage. Mein Erfahrungsbereich umfasst die Studiengänge Philosophie, Soziologie und Erziehungswissenschaften an der Universität Potsdam.

    Viele Grüße und danke für den Ausspruch
    Marie-Therese Hattendorf

  2. Umut Pinarbasi

    Was soll ich sagen? Das war ein wirklich starker Hörbeitrag von euch…Mensch, ihr macht das zwar fast immer toll: Aber diesmal hat einfach alles gepasst: Wacher Nils Köbel, wacher Patrick Breitenbach und dazu tolle Gäste…ist gleich: Gehirndialektik vom Feinsten! Eine wirklich gelungene Einführung zu Bourdieu und eine tolle Diskussion im Anschluß..Alles in allem so toll, dass ich als Lehrer den Link zu diesem Hörbeitrag an alle meine Lehrerkolleginnen und Lehrerkollegen schicken musste! Weiter so!

    Liebe Grüße,
    Umut Pinarbasi

  3. Robert

    Ein intelligenter Podcast mit einer guten Diskussion und diesmal sogar mit einem recht seltenen Gast:
    Dr. Nils Pöbel.

  4. Vielleicht liegt es daran, dass ich diesen Podcast beim Joggen am Titicaca-See in Peru gehört habe, aber ich frage mich ob Bourdieu bei seinen verschiedenen „Töpfen“ oder „Konten“ nicht die Rasse/Ethnie oder weitergehend das Aussehen vergessen hat.
    In Ländern wie Peru und insbesondere Bolivien sieht man, dass die Geringschätzung dunkelhäutiger Personen nichts mit deren Status als Minderheit zu tun haben muss. Auch wo die Weißen in der Minderheit sind, fühlen sie sich besser und höhergestellt, manchmal unabhängig von Reichtum oder Bildung.
    Und weitergehend zum Aussehen im Allgemeinen: Ist es nicht so, dass man attraktiven Menschen eher verzeiht, wenn sie arm oder doof sind? Zumindest auf dem Partnerschafts-/Heiratsmarkt scheint das doch so zu sein.

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