Soziopod Radio Edition #012: Kapitalismus mit der Brille von Karl Marx

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15 Antworten zu „Soziopod Radio Edition #012: Kapitalismus mit der Brille von Karl Marx“

  1. Tim

    Hallo.
    Habe mich sehr gefreut, das ihr euch in einer ganzen Sendung auch Marx und seinen Analysen zu Arbeit und Kapitalismus angenommen habt.

    Im zweiten Teil waren aber ein paar Dinge über die ich mich geärgert habe und wo ich gerne Gegenposition zu beziehen würde.
    1. Gleichsetzung von rechts und links: linke Theorie und Utopie ist immer universell und trägt den Gedanken universeller Gleichheit in sich. Auch Marx. Rechte/ Faschistische Theorie genau das Gegenteil. Hier geht es um wertende Ungleichheit und prinzipielles absprechen von gleichen Rechten. Auch wenn über Methoden und Wege auf linker Seite gestritten werden kann gibt es keine Kontinuität oder weg vom einem zum anderen. Natürlich kann und wird Marx oder Sozialistische Versatzstücke von Rechts/Fasschissmus missbraucht.
    2. „Empatie“ für Besitzende: Zentrale Erkenntnis von Kapitalismuskritiker ist, das Arm und Reich nicht einfach zufällig nebeneinander Existieren sondern das eine kausale Folge aus dem anderen ist. Der *die Reiche ist reich, weil der*die Arme arm ist. Damit kann ich, wenn ich Position und Empatie für den*die Unterdrückte/Besitzlose habe, keine für den*die Besitzende haben. Es geht also nicht darum jemandem etwas ihm Zustandes wegzunehmen. Der*die Besitzende ist unrechtmäßig in diesem Besitz und beutet den*die Arbeiter*in aus. Es geht also darum Unrecht abzustellen. Unabhängig davon ist klar, das die Person die Besitzend ist nicht „böse“ ist. Sie erfüllt eine Funktion im System. Marx nennt das glaube ich Charaktermaske.
    3. Revolution. Ihr räumt recht schniddrig den Revolutionsbegriff ab, vor allem weil ihr in mit Gewallt gleichsetzt. Ich verstehe Revolution als Radikale umwelzung der Verhältnisse. Das was ihr später fordert in der Veränderung im Wirtschaftsystem ist eine solche Revolution. Die Frage nach dem wie, ist eine andere. Es gibt übrigens viele Beispiele für Gewaltfrei Wege durch diese Revolution.

    Abschließend möchte ich aber nochmal danke sagen für euren tollen Podcast den ich immer gerne höre – insbesondere dann wenn ich anderes denke oder meine als ihr.
    Liebe Grüße
    Tim

  2. Steffen

    Ergänzend zu Tims Kommentar, dem ich ausdrücklich beipflichte, möchte ich noch anmerken, dass die Behauptung, es habe mit der „Sozialen Marktwirtschaft“ vor dem Neoliberalismus bereits eine Art „gutes System“ gegeben, nur mit einer sehr selektiven Betrachtung der historischen Situation haltbar ist.
    1. Das ist einmal die nationale oder zumindest westliche Betrachtung, die völlig ignoriert, dass damals (wie heute) der historisch außergewöhnliche Lebensstandard der einfachen Bevölkerung in Westeuropa und Nordamerika entscheidend mit dem miserablen Lebensstandard im Rest der Welt zusammenhing. Die Weltsystemtheorie von Wallerstein als eine der Fortsetzungen der Marx’schen Ökonomie hat in den 1970ern genau diese Zusammenhänge in den Blick genommen und daraus eine Kritik der modernisierungstheoretischen Verklärung der globalen Armuts- und Reichtumsverhältnisse gebildet.

    2. Es ist eine männliche Betrachtung. Dazu sei allerdings gesagt, dass dies auch bei Marx leider weitgehend fehlt: Eine systematische Analyse dessen, was bei ihm unter Reproduktionsarbeit verstanden und damals und in geringerem Ausmaß heute immer noch zum größten Teil von Frauen geleistet wird. Also alle Tätigkeiten, die dem Erhalt und der Wiederherstellung der Arbeitskraft dienen: Von Haushaltsarbeiten, Einkaufen und Zubereiten von Essen über Pflege bis hin zu Kindererziehung. In der vermeintlichen Vorzeigezeit der Sozialen Marktwirtschaft wurden diese Tätigkeiten fast vollständig von in absoluter Abhängigkeit stehenden Frauen erledigt, die im besten Fall noch ein hinreichend großzügiges Haushaltsgeld erhielten.
    Heute sind immer mehr dieser Tätigkeiten vermarktlicht und entscheidend verantwortlich für die riesigen Ausmaße des tertiären Sektors. Ausgeübt werden sie nach wie vor überwiegend von Frauen und gesellschaftliche und finanzielle/arbeitsrechtliche Anerkennung sind auch noch immer äußerst miserabel. Die gesellschaftliche Ausbeutung der Frauen hat sich also von der innerfamiliären zu großen Teilen in die ökonomische Ebene verlagert. Man könnte sagen: Für Frauen ist die französische Revolution erst in den 70er-Jahren passiert (1977 in Deutschland) – vorher wurden sie in persönlicher Abhängigkeit ausgebeutet, seitdem in unpersönlicher kapitalistischer. [Ja mir ist bewusst, dass viel früher schon sehr viele v.a. arme Frauen erwerbstätig waren. Die waren dann von doppelter Ausbeutung betroffen.]

    3. Ihr habt es an anderer Stelle bereits angedeutet: Es ist eine Betrachtung, die die Ökologie ausblendet. Wachstum ist, wie Nils ja gegen Ende auch sagt, ökologisch kein aufrecht erhaltbares Prinzip. Aber Wachstum ist nicht nur eine prinzipielle Notwendigkeit kapitalistischer Wirtschaft, sondern gerade in der Sozialen Marktwirtschaft DAS grundlegende Prinzip zur Einhegung des Antagonismus von Kapital und Arbeit. Die Gewerkschaften waren überhaupt nur deshalb in der Lage, solche hohen Löhne und vor allem Lohnsteigerungen durchzusetzen, weil ein heftiges gesamtwirtschaftliches Wachstum es den Unternehmen ermöglichte, trotz der hohen Löhne weiter steigende Profite zu verzeichnen. Mit anderen Worten: Dank des wachsenden Kuchens wurden die Stücke der Arbeiter*innen absolut größer obwohl sie relativ weitgehend gleich blieben.
    Diese pazifizierende Strategie ist mit gesättigten Märkten, mit der vollständigen kapitalistischen Durchdringung des Planeten ohnehin schon zerfallen (hier dürfte ein wichtiger Grund des Neoliberalismus liegen, die Flucht nach vorn des Kapitals angesichts der sinkenden Wachstumsraten in Industriestaaten). Im Kontext ökologischer Grenzen allerdings ist die Soziale Marktwirtschaft endgültig unbrauchbar.

    Und schließlich noch ein Wort zum Thema „Enteignung“, zu dem Tim in seinem zweiten Punkt ja bereits Wichtiges gesagt hat. Nichts ist gerade hier in Deutschland ein so schön emotional aufgeladenes Totschlagargument wie „das ist Enteignung!“. Die Assoziation ist sofort: „Mir will jemand mein Haus, mein Auto, meine Waschmaschine, mein Smartphone usw. wegnehmen!“
    Aber darum geht es im Kontext der Überwindung des Kapitalismus überhaupt nicht. Die Trennung von persönlichem Eigentum und Privateigentum ist entscheidend: Persönliches Eigentum ist solches, das der*die Eigentümer*in oder eine Person aus dessen*deren Bedarfsgemeinschaft selbst nutzt/konsumiert. Darunter fallen so ziemlich alle Dinge, die in der obigen beispielhaften Assoziation genannt sind.
    Privateigentum ist solches, das zwar der*dem Eigentümer*in gehört aber von anderen benutzt wird, die (in der Regel) in einem formalen Miet- oder Lohnverhältnis mit ihm*ihr stehen. Darunter fallen also Fabriken, Maschinen, vermietetes Immobilieneigentum, Fahrzeugflotten, Büroräume usw.
    Nun ihr alle mal überlegen, was davon ihr denn eigentlich selbst jeweils euer Eigen nennt. Und dann was davon ihr täglich mit dem Zweck der Wertschöpfung benutzt, ohne dass es oder das Produkt eurer Arbeit euch gehört.
    Und wenn ihr euch diese Fragen beantwortet habt, dann stellt euch nochmal die Frage was nun Enteignung ist.

    Nils, du sagst, dass wir aufgrund der ökologischen Grenzen ein anderes Wirtschaftsmodell brauchen. Da stimme ich dir zu. Nur wenn Kapitalismus ohne Wachstum nicht funktioniert, aber das grundlegende Prinzip – der Kern – des Kapitalismus das Privateigentum ist… wie soll dann bitte ein ANDERES Wirtschaftsmodell ohne die Veränderung der Eigentumsverhältnisse, sprich: Enteignung auskommen?
    Das ist ein klassischer Fall von „Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass.“

  3. Effi

    Man merkt, dass Eure Marx-Kenntnisse (und vielleicht auch -Begeisterung) nicht ganz so groß ist, und dass Ihr „Das Kapital“ offensichtlich nicht gelesen habt. Einige Eurer Behauptungen (etwa über den Aufruf zur Revolution im „Kapital“) halten einer gründlichen Auseinandersetzung mit Marx nicht stand. Zudem wird man das Gefühl nicht los, dass Ihr „Kapital“ und „Manifest“ über einen Kamm schert, was zu unkorrekten Aussagen führt. Weiterhin ist die Aussage über die „große Nähe“ von Rechts und Links, wie die Vorkommentatoren schon angemerkt haben, eine fragwürdige Behauptung (polemisch könne man sagen: ein typisch bürgerlicher Reflex). Der (rechte) ökonomische Nationalismus, den beispielsweise die USA derzeit vor den Augen der ganzen Welt zu etablieren versuchen, hat mit linker Politik weder inhaltlich noch strukturell etwas zu tun – außer man legt die banale Erkenntnis zugrunde, dass beide Denkweisen die bestehenden Verhältnisse ändern wollen, aber damit ist herzlich wenig gesagt.
    Kurzum: In dieser Folge habe ich mir einen Gast mit fundierter Marx-Kenntnis gewünscht.

  4. Henk

    Wäre Marks heutzutage homophob gewesen oder doch islamophob? Eines von beidem kann es nur sein. Denn der Islam ist homophob. Henk

  5. Hallo,
    Zur Ergänzung aufgrund der richtigen/wichtigen Anmerkungen:
    1. Rechte und linke Positionen unterscheiden sich von ihren Menschenbildern und politischen Zielsetzungen natürlich erheblich, Was wir meinten sind frappierende Ähnlichkeiten in Bezug auf die politischen Methoden, die links- und rechtsradikale Systeme anwenden, und dies kann man m.E. nicht leugnen.
    2. Auch wenn Marx im Kapital nicht direkt die Diktatur des Proletariats beschreibt, so tut er dies dennoch in zahlreichen Quellen, wie z.B. Briefwechseln, die in der Gesamtausgabe Marx/Engels zu finden sind.
    3. Ich glaube fest daran, dass politische Fortschritte gerade jenseits marxistischer Enteignungslogiken zu finden sein müssen. Dazu gibt es ja auch Ansätze wie etwa in der zweiten Generation der Frankfurter Schule (Habermas etc.)
    Zusammenfassend bin ich von Marx‘ Analysen doch sehr begeistert, allerdings in kritischer Distanz.
    Liebe Grüße,
    Nils

    1. David Fi

      Wieder eine hörenswerte Folge!

      Ich habe ja schon zum vorausgegangenen Podcast über Max Weber einen längeren Text geschreiben und will Ihnen das nicht nochmal zumuten. In Ergänzung zu meinem letzten Beitrag möchte ich als alternativen Vorschlag (oder sogar als Synthese) zu kollektivistischer Enteignungslogik und individualistischer Ausbeutung das Buch „Befreiung der Marktwirtschaft vom Kapitalismus – Monetäre Studien zur sozialen, ökonomischen und ökologischen Vernunft.“ von Dieter Suhr empfehlen (online verfügbar: http://www.dieter-suhr.info/files/luxe/Downloads/Suhr_Befreiung.pdf). Suhr setzt sich darin auch mit Hegels System der Bedürfnisse auseinander.

      Leider ist diese Alternative zu Kommunismus und Kapitalismus in der Öffentlichkeit kaum sichtbar. Das macht sie aber nicht weniger spannend.

  6. Bach

    Erschreckend, dass ihr ernsthaft glaubt, dass Bill Gates seine Milliarden auf den Konto parkt. Seine Milliarden sind sein Anteil von Microsoft.
    Bei solchen hohen Summen geht es nicht mehr um Konsum, sondern um Gestaltungsspielraum.
    Wenn man so ein Unternehmen besitzt, ist man automatisch reicher als die anderen, aber mit so einem Unternehmen ist auch Verantwortung gekoppelt. Sicherlich kann man diskutieren, inwieweit sie ihrer Verantwortung gerecht werden.

    Mir kommt es so vor, als hättet ihr von Tuten und Blasen keine Ahnung. Man muss erst die richtigen Kenntnisse haben und die richtigen Analysen treffen, um die Welt zu verbessern. An der richtigen Analyse krankt derzeit vieles.

    1. Herr Breitenbach

      Haben wir explizit von Bill Gates gesprochen? Kann ich mir nicht vorstellen, weil er auch mittlerweile sein Vermögen nicht mehr bei Microsoft parkt, sondern in seiner eigenen Stiftung.

      Ich glaube wir hatten erwähnt, dass nicht alle Unternehmer gleich agieren. Vielleicht da noch Mal genauer hinhören. Wir geben uns Mühe möglichst viele Perspektiven einzunehmen. Und natürlich sind wir nicht immer perfekt informiert. Aber wer ist das schon?

  7. Bach

    Man kann auch von anderen Milliardären sprechen, ich habe den prominentesten herausgesucht. Selten haben sie das Geld auf einem Konto. Die meisten stellen sich vor, jemand hat seine Milliarden auf dem Konto, meistens spiegelt es den Wert des Unternehmens wider. Ein Unternehmen hat einen Vermögenswert, gleiche Vermögensverteilung würde konkret bedeuten, dass es keine freien Unternehmen mehr gibt, die in Privathand sind.

    Ich würde auch die aktionistischen Aktionäre wie Carl Icahn enteignen, weil ich sie für gefährlich halte.

  8. Peter

    Es drängt mich zu einer Anmerkung zu diesem Teil. Gut war die Kritik an Marx. Die Aussage, auf Jesus würde sich heute kein Staat mehr bauen, halte ich für unhaltbar. Alle Propheten (einschließlich Marx) sind immer wieder gut für eine Begründung eines neuen Staates.
    Die Begriffe Diktatur des Proletariats und Sozialismus stammen allerdings nicht von Marx, meine ich mich zu erinnern. Die Begriffe wurden nachträglich geprägt.

  9. Was mich interessieren würde, ist die Frage, in wie weit das westliche Menschenbild, mit seiner aus Reformation und Aufklärung stammenden Subjekt Zentrierung nicht ebenso zum Aufstieg des Kapitalismus beigetragen hat wie die protestantische Arbeitsethik.

    Also in anderen Worten: inwieweit hat auch die Aufklärung (bzw. Das was man sich davon herausgepickt hat) und das damit verbundene Menschenbild, zum Aufstieg des Kapitalismus beigetragen.
    (-> Instrumentelle Vernunft, Horkheimer)

    Letztenendes ist es ja das individualistische Lebens- und Konsumverhalten, das man im Zuge der Universalisierung der westlichen Werte („Demokratisierung“ der Welt) verbreitet wird.
    Denn was den heutigen Kapitalismus der transnationalen mega Konzerne erst möglich gemacht hat, ist ja eine (mehr oder weniger vollzogene) Assimilierung der Wertvorstellung aller Menschen weltweit, um sie möglichst effizient von einem zentralen Markt beliefern zu können.

    Besonders überspitzt dargestellt finde ich das in der Person des amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten, auf den ihr euch in der Max Weber Folge bezieht. (Den Rennpferd Vergleich hat Trump, wenn ich mich nicht irre, von seinem Vater übernommen).

    Was ihr in der Folge als „unmoralisch“ im Sinne der protestantischen Ethik bezeichnet, nämlich sein art, den Reichtum zur Schau zu stellen und nach jeglicher Form der Aufmerksamkeit und Bewunderung zu heischen, weil er die Bestätigung braucht, selbst (als Subjekt) der Mittelpunkt des Universums zu sein, würde ich also eher als Folge des westlichen subjektzentrierten Menschenbildes deuten. An dem ich eher der Aufklärung als dem Kalvinismus die „Schuld“ geben würde.

    Marx hat ja, in der Einleitung des Manifests geschrieben, dass der Kapitalismus eine Fortführung des Feudalismus mit anderen Mitteln ist.
    Foucault beschreibt, wenn ich mich nicht irre, den Übergang von der, den Körper zerstörenden hin zur, den Körper kontrollierenden Bestrafung sehr ähnlich. (Übernahme von Idealen ohne strukturelle Veränderungen.)

    Meine Frage wäre also auch die, inwieweit sich die aktuelle Situation daraus erklären lässt, dass sich die eigentlichen Machtstrukturen niemals geändert haben, sondern sich lediglich soweit an die Verhältnisse angepasst (humanisiert) haben, wie es zum Machterhalt nötig war. Und so letzten Endes, zur Sicherung der Macht, Ideen der Aufklärung umsetzten, sich aber im Großen und Ganzen niemals für eine aufgeklärte Gesellschaft und mündige Bürger interessierten bzw. interessieren.

    Das würde für mich auch erklären, warum man sich mittlerweile, widerspruchsfrei, auf die Errungenschaften der „westlichen Zivilisation“ oder der Aufklärung zu berufen kann während man im Prinzip die zweite Hälfte des Kategorischen Imperativs komplett zu vernachlässigt, sodass am Ende lediglich die „eigene Maxime“ übrig bleibt.

    So scheint es eben auch kein Probklem zu sein, in einer Wissenschafts- und Technikgläubigen Gesellschaft, deren Ideal die rationale Objektivität der Vernunft ist, eine Form des Wirtschaftens zu betreiben, deren fatale Konsequenz, durch Nichtbeachten der selbst aufgestellten oder von der Natur gegebenen Gesetze, sich sogar aus der eigenen Logik und/oder dem gesunden Menschenverstand, heraus erklärt.

    Als eines der augenfälligsten Beispiele sei hier der „Earth Overshoot Day“ auf deutsch „Welterschöpfungstag“ genannt (der Tag an dem der Ressourcenverbrauch die innerhalb eines Jahres von der Erde regenerierbare Menge übersteigt) der im Jahr 2016 global gesehen am 08. August, in Deutschland sogar schon am 28. April war.
    Man kann sich also offenbar selbst beweisen was für einen Quatsch man macht, hält das aber noch lange nicht für einen Grund umzudenken.

    Was mich zu der von Nils Köbel am Ende des Marx Podcasts gestellten Frage nach alternativen Ideen bringt.
    Klar scheint mir, dass der Versuch, das System in Kooperation mit dem System, also von innen heraus, zu ändern, bisher jedesmal fehlgeschlagen ist oder von vorne herein nur halbherzig angegangen wurde. (Siehe diverse Revolutionen, die SPD im Jahre 1918/19 und zuletzt die 68er)

    Einen brauchbaren Ansatz zur Umverteilung von Macht würde ich eher in den Ideen Kropotkins sehen – dessen Schriften z.b. Menschen wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King maßgeblich beeinflußten, und der anders als Marx oder Bakunin, nicht auf einen gewaltvollen Umsturz, sondern auf eine gewaltfreie Verweigerung der Kooperation setzte.

    Für die Zeit „danach“ also für „das große Ziel“ halte ich die Idee „demokratischen Konföderalismus“, die Abdullah Öcalan nach seiner Abkehr vom Marxismus/Leninismus in türkischer Haft entwickelt hat, für die brauchbarste bestehende Alternative.

    Eine Alternative, deren Funktionieren schon seit dem Jahr 2014 im Nord syrischen Rojava beobachtet werden könnte (Wenn denn jemand darüber berichten würde).
    Unser Bild dieser Region beschränkt sich ja leider auf die YPG als Bollwerk gegen den IS und junge Frauen mit Kalaschnikows in der Hand. (Ist ja auch medial gesehen eine verlockende Geschichte, Frau mit Gewehr bekämpft frauenfeindliches Regime).

    Unbeachtet vom „Westen“ findet dort seit nun mehr als drei Jahren eine öko-anarchistische Revolution bzw. neu Strukturierung aller gesellschaftlicher Instanzen im Sinne einer basisdemokratischen Neuordnung statt, die alle in der Region vertretenen Ethnien einbezieht (Kurden, Araber, Assyrern, Jesiden, u.a.).

    Bei der Entwicklung der Prinzipien des demokratischen Konföderalismus greift Öcalan auf die Ideen Murray Bookchins zurück, einem Libertäten Sozialisten aus den USA und Begründer der Idee des Öko-Anarchismus.

    Zu nennen wären hier Öcalans Bücher: „Demokratischer Konföderalismus“ „Befreiung des Lebens – Die Revolution der Frau“ ebenso wie die Schriften Bookchins und Kropotkins.

    Diese Ideen, gepaart mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen, der Abkehr von einer Besteuerung der Arbeit (die durch die Digitalisierung etc. ohnehin weniger werden könnte) hin zu einer Besteuerung von Finanztransaktionen (-> u.a. Götz Werner, Richard David Brecht) wären in meinen Augen richtige Schritte in Richtung einer erstrebenswerten, zukunftsfähigen Gesellschaft.

    Liebe Grüße

    alex

  10. Hallo,
    Der Soziopod distanziert sich ganz klar und eindeutig von Autoren wie Öcalan, dies bitte zur Kenntnissnahme.
    Beste Grüße,
    Nils

  11. Am Ende war es wichtig festzustellen das alles Tun und alle Erkenntnisbestrebungen dem sich der Mensch hingibt, das ganze intellektuelle Großtun, die ganze Verkopftheit und unsere ganzes Geld ohne eine Analyse unserer Selbst, völlig sinnlos bleiben. Wir ihr selber sehr schön analysiert habt bleibt uns nur der eigene Weg nach Innen. Was ist der Sinn unseres Dasein hier auf diesem wunderschönen öden Klumpen im All ?
    Da draussen werden wir nur Bruchstücke finden und selbst wenn wir diese alle zusammenfügen würden werden wir diese am Ende niemals als befreiend empfinden

    Und ich werde jetzt mal täumerisch und von mir aus könnt ihr es mir um die Ohren hauen. Die einzige Antwort auf die drängenden Fragen des Lebens und unseres Daseins bietet für mich die Kunst. Und warum ? Weil sie die einzige Disziplin ist die meiner Meinung nach, wenn man sie auch richtig selbstforschend betreibt, völlig ideologiefrei sein kann. Sie ist in ihrem Geiste und in ihrem wahren Kern völlig uneigennützig. Nicht die Philosphie, nicht die Wissenschaft und auch nicht die staatlichen Religionen können dies sein, weil sie alle von Grund auf institutionalisiert sind und somit sich vom frei denkenden Kern des Individium verselbständig haben.

    Die unbestreitbare Funktion der Kunst liegt in der Idee des Erkennens, die widerum übereingehen muß mit der Wirkung der inneren Erschütterung, der Katharsis. Dafür muß man nicht selber Kunst betreiben, sich also irgendwie dazu befähigt fühlen, sondern auch in derer Betrachtung liegt die Erkenntnis begraben.
    Der qualvolle Weg der menschlichen Selbsterkenntnis auf dem Pfad der Kunst ist ein steiniger Weg, weil er uns nirgendswo wirkliche Sicherheit bietet. Er unterliegt einer ständigen inneren, geistigen Evolution. Das widstrebt der Logik und dem vernunftsdenken des Menschen, das nach Stabilität und Sicherheit sucht.
    Der Weg auf dem Pfad der Erkenntnis durch die Kunst konfrontiert einen mit seiner eigenen Unzulänglichkeit als Ich in der Welt. Nur das Leiden kann somit der Quell der Selbsterkenntnis sein, niemals die Selbstbestätigung.
    Wer jetzt in seiner Verkopftheit meint, er hat mit Kunst nichts zu tun, der irrt sich. Alleine die Bewertung derer ist ein künstlerischer Prozeß. Ein Kunstwerk ist niemals wirklich beendet, Es konstituiert sich immer wieder neu in der Konfrontation mit der Welt, egal wie groß oder bedeutend dieses ist.
    Kunst ist die einzige, wahre Metasprache zwischen den Menschen und bedeutende Kunstwerke haben bis heute alle Zeiten überdauert und die Herzen und auch den Intellekt der Menschen bewegt.

  12. Ronja Kelber

    Ist nicht, egal in welchem System, das Geld der Auslöser für soziale Ungerechtigkeit, Gewalt und Umweltzerstörung? Vielleicht ist die Lösung ja nicht der Fortschritt, sondern eine Rückbesinnung auf die Natur. Das Geld entfremdet uns von unserer eigenen Natur und die unseres Planeten. Alles was wir brauchen ist ja schon im Überfluss vorhanden! Wenn wir anfangen würden zu teilen, zu geben und anzunehmen, anstatt uns zu verkaufen und unseren Besitz zu horten, hätten wir mal Zeit das zu tun was uns wirklich erfüllt. Man würde immer noch frei arbeiten, aber nicht für Geld, sondern für sich selbst und die Gemeinschaft.

  13. Clära

    Hi
    Die Frage warum sich Menschen in Wirtschaftlichen Krisen der rechten Ideologie, dem Faschismus, zuwenden, klärt sich wie ihr schon angedeutet habt meiner Meinung nach über Psychologie. Wenn der Mensch das Gefühl hat, etwas zu verlieren, etwas wird weniger, Veränderung im negativen Sinne, da wir uns nach wie vor in einer Leistungsgesellschaft befinden und wir uns über geleistete Arbeit und (wünschenswerterweise daraus resultierendem) Besitz definieren und uns schlecht fühlen, wenn es uns nicht das erwartete Ergebnis bringt, stellt sich eine Art Minderwertigkeit ein. Wodurch soll Mensch sich dann definieren? Daraus resultiert Unsicherheit, Angst, und letztendlich Greifen nach dem, was uns verspricht, wieder Sicherheit zu haben. Dabei geht es uns natürlich erstmal um uns selbst, eine Art Überlebensinstinkt tritt ein, vermutlich irrational, denn in unserer Zeit haben wir kaum ernsthaft lebensbedrohliche Zustände durch eine Wirtschaftskrise zu erwarten. Jedoch ist damit jegliche Form des sozialen, kommunistischen Gedanken überflüssig, gar lächerlich, rette sich wer kann.

    Zur Frage, wohin wir uns bewegen, dem non-profit Management ist vielleicht noch hinzu zufügen, dass wir uns weg von Dingen bewegen sollten, die wir nur für uns selbst oder unser nahes Umfeld machen, mehr hin eine Art Aufgabe darin zu sehen, „Gutes“ in die Welt zu tragen. Nichts in der Natur dient nur sich selbst, und das sollte der Mensch meiner Ansicht nach auch nicht tun, selbstverständlich kämpft auch in der Natur jedes Wesen erstmal für sich, aber sobald Grundbedürfnisse erfüllt sind, stellt es auch Energiequellen in jeglicher Form für andere Lebewesen dar. Nach/Neben dem Blick nach Innen ist der Blick nach Außen, und damit meine ich nicht Backsteinbauten, sondern Symbiosen erkennen und daraus entstehendes Wachstum, aber auch natürlicher Verfall, der vielleicht einzige Weg zu überleben. Widerspruch sind beide Wege denke ich nicht.

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