Soziopod Radio Edition #011: Kapitalismus mit der Brille von Max Weber

Alle 14 Tage sind wir Mittwochs um 21:05 Uhr auf Bremen Zwei im Radio zu hören.[cryptothanks]


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

18 Antworten zu „Soziopod Radio Edition #011: Kapitalismus mit der Brille von Max Weber“

  1. Ein Zuhörer

    Hallo Zusammen,

    ich höre euch schon eine ganze Weile, bis auf 2-3 Folgen habe ich alle gehört, die vor dem neuen Format (Radiosendung) produziert wurden und eine eurer Liveveranstaltungen habe ich auch mal besucht. Ich habe euch eine ganze Zeit sehr gerne gehört und finde das, was ihr macht, im Grunde wirklich gut! Und jetzt kommt es, um schnell zum Anlass meines Kommentars zu kommen, das Aber:

    Bereits damals, während ich eure Folgen so nach und nach gehört habe, kam bei mir nach ca. 15-20 Folgen das Gefühl auf, dass ich Schwierigkeiten habe, euch gerne zu hören, obwohl die Themen interessant waren. Hier muss ich dann leider Herr Breitenbach „isolieren“: Die ständig repetetive Wortwahl ist sehr anstrengend und auch wenig gehaltvoll. Herr Köbels Erklärungen waren immer gut und sind es (weitestgehend) bis heute, Herr Breitenbachs Zwischenfragen waren auch häufig sinnvoll und manche Erläuterung sogar auch interessant. Der Punkt ist, dass ich es mittlerweile kaum noch ertrage, Herrn Breitenbach zuzuhören, undzwar auf Grund der Wortwahl und der manchmal auch etwas zu penetranten und teils auch unlogischen „Gegenrede“ gegen die Erklärungen von Herrn Köbel. Ich habe die letzten Podcastfolgen nur noch sehr gestreckt gehört und als ihr mit den Radiosendungen angefangen habt, habe ich zuerst lange garnichts gehört. Irgendwann dachte ich, ich geb dem Ganzen, mit einigem zeitlichen Abstand, nochmal eine Chance bei einem Thema, das mich dann sehr interessiert, das war die Folge über Arbeit. Auch dort kam bei mir schnell wieder der Unmut über die unverändert repetetive Ausdrucksweise von Herrn Breitenbach auf. Nun bei dieser Folge über Max Weber dachte ich, ich geb dem Ganzen noch eine Chance und leider wurde es diesmal auf die Spitze getrieben, ich kann euch so einfach nicht mehr zuhören. Hinzu kam diesmal noch die scheinbare Unlust von Herrn Köbel, evtl. hängt das ja auch mit der zu knappen Zeit zusammen, aber die zustimmenden „ehems“ und „mhhs“ motivieren überhaupt nicht weiterzuhören, da ist es besser den Herrn Breitenbach auch mal häufiger zu unterbrechen, da er, und das nur am Rande, leider auch inhaltlich doch auch Falsches, bzw. teilweise Unzusammenhängendes gesagt hat, wie der „Influencer-Kapital-Auserwähltsein-Fans- Abschnitt“. (Das von Herrn Köbel im Anschluss daran Gesagte ist natürlich auch Quatsch. Gemeint ist „Calvinismus hatte ja noch ein höheres Prinzip… wenn man das metaphysische Prinzip wegschneidet, dann nimmt der Kapitalismus noch fiesere Formen an“. Vorher war es ja noch kein Kapitalismus, wie Weber doch sagt und ihr eine halbe Stunde vorher ja auch noch, man kann beim Kapitalismus nichts metaphysisches wegschneiden, sodass er noch fieser wird. Das inhaltliche Niveau in der zweiten Hälfte dieser Folge leidet sehr, es wirkt schludrig und ist zu unpräzise, aber das nur am Rande.

    Um mal Beispiele zu geben, was genau ich mit repetetiver Ausdrucksweise meine, hier ein Vorschlag: Einfach mal (insbesondere) diese oder irgendeine frei gewählte andere Folge hören und jedesmal wenn Herr Breitenbach eines der folgenden Wörter sagt, einen Schnaps trinken oder aus jenen ein Bingospiel basteln:
    „Im Prinzip, tatsächlich (!), sozusagen (!) im Kern, ein/son Stück weit (!), ein/son Stück weit sozusagen, Knackpunkt (!), letztendlich, Meme“
    Weniger häufig, bzw. nachvollziehbarer und schwieriger zu umgehen: „Konglomerat, Problematik, zu sagen, das heißt“

    Das klingt sicherlich kleinkariert und ist auch für den Knackpunkt (!) der Kritik zu viel Text, aber es hat sich einfach aufgestaut und musste dann jetzt mal raus. Ich fänd es schön, wenn ihr dran arbeiten könntet und die Kritik sportlich nehmt, trotz der von mir weniger diplomatischen Formulierungen. Wie gesagt, ich finde den Podcast im Prinzip (!) sehr gut. Ich finde aber auch, dass man insbesondere in einem solchen Format auch auf seine Wortwahl achten sollte und ggf. daran arbeitet, sofern recht offensichtliche Schwächen bestehen, was mMn hier zutrifft. Darüberhinaus ist es möglicherweise auch für die sonstigen Tätigkeiten (Vorträge, Medienberatung etc.) von Herrn Breitenbach von Vorteil, sich mit dem eigenen Sprachgebrauch kritisch auseinanderzusetzen, ich wundere mich ehrlich gesagt auch ein bißchen darüber, dass scheinbar bisher noch niemand aus dem Arbeitsumfeld darauf hingewisen hat, aber gut, das verbietet dann vielleicht die Etikette oder so.

    Viele Grüße

    Ein Zuhörer.

    1. joergy

      Lieber „Ein Zuhörer“,

      am Meisten hat mich an Deiner Kritik irritiert, dass Du von einem „sehr guten“ Podcast
      sprichst und gleichzeitig diesen so vehement kritisierst.
      Auch möchte ich Deinem Vorwurf bzgl. des repetitiven Charakters von Patricks Rede
      widersprechen. Für mich schafft die Wiederholung einer Betrachtung aus der Pers-
      pektive des „gesunden Menschverstands“ oder im Sinne einer Ergänzung gerade jene
      „Pause“, die den Freiraum für Verstehen und die eigene Assoziation liefert. Für mich ist
      es geradezu das Konzept dieses Podcasts, Fakten zu liefern und diese „am gesunden
      Menschenverstand“ zu reflektieren.

      Auch Du hast Deinen Sprachduktus, wenn Du mal Deine Zeilen diesbzgl. anschaust. So
      etwas zu kritisieren kann kaum konstruktiv sein, fällt es doch schlicht und ergreifend in
      den Bereich des persönlichen Geschmacks.

      Zustimmende “ehems” und “mhhs” treten manchmal minutenlang nicht auf, insofern
      teile ich auch hier Deinen Vorwurf nicht. Zumal deren Funktion neben „ja“, „genau“, „ok“,
      etc. ist, dem jeweils anderen zu signalisieren, dass man zuhört oder noch folgen kann.
      Das Ganze soll ja ein „lockeres“ Gespräch sein und da gehören zustimmende oder be-
      stätigende „Laute“ dazu, zumal die beiden ja ein ziemliche Bandbreite bieten neben
      “ehems” und “mhhs”.

      Apropos „locker“. Patrick und selbst Niels erheben weder den Anspruch auf Vollständig-
      keit noch auf Exaktheit. Für grobe Fehler sind wir die Zuhörer und eben dieser Blog da.

      Insgesamt kann ich Deiner Kritik auch vielen Stellen nicht folgen, weil ich Deinen Ge-
      dankengang oft einfach nicht verstehe. Genauso geht es mir mit Deinen Richtigstel-
      lungen. Und auch Du wiederholst Dich mehrfach in Deinem Beitrag.

      Vielleicht fragst Du Dich einfach nochmal grundsätzlich, was Du an den Beiden hast
      und ob es Dir das Wert ist, Deine Zeit damit zu verbringen.

      Nichts für ungut
      Jörg

  2. Herr Breitenbach

    Hallo ein Zuhörer,

    Was soll ich als direkt Betroffener dazu jetzt sagen? Wenn Sie es nicht mehr ertragen können uns bzw. explizit mir zuzuhören, dann tut mir das sehr leid, aber dann muss ich Ihnen auch direkt zurückspiegeln: Dann pausieren Sie doch besser mal mit dem Soziopod. Niemand zwingt Sie mir oder uns auf immer und ewig zuzuhören.

    Mir ist durchaus bewusst, dass ich verschiedene Lieblingsfloskeln verwende. Mir ist auch klar, dass ich inhaltlich manchmal Quatsch erzähle. Dann wäre es aber hilfreich genau an den sachlichen Punkten anzusetzen und nicht ausgerechnet das Inhaltliche hier extrem schwammig zu kritisieren und sich in voller Breite auf meinen persönlichen Sprachgebrauch einzuschießen. Von daher melde ich Ihnen offen und ehrlich zurück: Ihre Kritik ist weder hilfreich noch wertschätzend. Sie wirkt wie die Kritik eines uralten Ehepartners, der es nicht mehr erträgt an der Seite des Anderen zu leben. Von daher ist da eine Trennung sicherlich die beste Lösung. Es gibt bestimmt sehr viele gute andere Alternativen da draußen. Alles Gute für die Zukunft.

  3. Sehr geehrter Herr Breitenbach, sehr geehrter Herr Köbel,

    vielen Dank für die Rückmeldung in Ihrer Sendung bezüglich der Kommentare. Ich nehme diese mal als Angebot und Aufruf weiter im Dialog zu bleiben. Leider kann ich nicht mit Fragen aufwarten, da es für mich zum Thema Kapitalismus derzeit keine offenen Fragen gibt. Widersprechen möchte ich allerdings der Sichtweise, dass der Kapitalismus eine neue Entwicklung darstellen würde. Eine spannende Frage wäre, wie es gelungen ist, dass die Ideologie/Religion des Kapitalismus zum dominierenden Leitbild unserer Zeit wurde und es weiterhin schafft sich zu behaupten. Einen Teil dieser Ideologie haben Sie bereits zitiert: „Vom Tellerwäscher zum Millionär.“ Eine weitere wäre: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ Die Wirklichkeit der Kapitalismus ist jedoch eine andere.

    Unterhaltsam aufbereitet wird dieses Thema im Film „In Time“ (https://de.wikipedia.org/wiki/In_Time_%E2%80%93_Deine_Zeit_l%C3%A4uft_ab) welcher gerade gestern wieder im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Statt Geld zu verwenden, zahlen die Menschen direkt mit ihrer Lebenszeit. Die Menschen sind genetisch verändert und biologisch unsterblich. Sie leben also so lange wie es ihnen gelingt mehr Geld pro Tag einzunehmen als der Tag Stunden hat. Eine Kernaussage im Film ist daher: „Für die Unsterblichkeit weniger müssen viele Menschen sterben.“ Übertragen auf unsere Gegenwart müsste der Satz wohl so lauten: „Für den Überfluss weniger müssen viele Menschen darben.“

    Ich weiß nicht wie viel Zeit Sie bis zur nächsten Folge für Vorbereitungen erübrigen können, trotzdem möchte ich Ihnen ein paar Anregungen mitgeben. Wenn Sie sich beim nächsten Mal mit Marx beschäftigen, ist es sicher interessant sich mit Kritikern seiner Zeit zu beschäftigen. Einer war Pierre-Joseph Proudhon. Ich kenne von ihm allerdings nur das Werk „Was ist das Eigentum?“ und nicht seine Schrift „Philosophie des Elends“. Auf welche Marx mit seiner Polemik „Das Elend der Philosophie“ geantwortet hat. Ein aktuellerer Kritiker ist Bernd Senf in seinem Buch „Die blinden Flecken der Ökonomie.“ Ich denke es ist hilfreich sich anzuschauen was Marx in seiner Analyse kaum betrachtet oder hinterfragt hat. Eine relevante Lücke in seiner Analyse liegt aus meiner Sicht in der fehlenden Betrachtung des Geldes und seiner Funktionsweise. Allerdings sind das Verständnis vom Geld und die Meinungen, welche in der Ökonomie dazu aktuell vertreten werden, auch nicht sonderlich weit gediegen.

    Ein Aspekt, welcher auch in Ihrem Gespräch deutlich wird, ist die Merkwürdigkeit, wie gut es gelingt eine Scheindefinition für Kapitalismus zu finden und von dieser den Kapitalismus zu erklären oder zu kritisieren. Ich würde mich freuen, wenn Sie beim nächsten Mal versuchen etwas genauer einzugrenzen was Sie beide mit dem Begriff Kapitalismus beschreiben wollen und was Sie darunter verstanden wissen wollen. Wollen Sie mit Kapitalismus eine Gesellschaftsordnung beschreiben oder ein Wirtschaftssystem und was wären objektive Kriterien?

    Je nachdem wie Kapitalismus definiert wird, ist das was unter dem Begriff Sozialismus (hier müsste wiederum differenziert werden in Marxismus, Leninismus, Stalinismus usw.) praktiziert wurde, dann auch kein Gegenentwurf zum Kapitalismus mehr, sondern nur eine andere Ausprägung. Im Westen fand der Kapitalismus vor allem in Form des Privatkapitalismus statt und im Osten wurde Staatskapitalismus betrieben. Auf beiden Seiten wurde bzw. wird immer noch, losgelöst von eventuellen menschlichen Bedürfnissen, produziert. Die einen mit Blick auf ihre Quartalszahlen und die anderen nach 5-Jahres-Plänen.

    Da Sozialismus eher als Gesellschaftsordnung zu verstehen ist, ist als Wirtschaftsordnung im Sozialismus die Planwirtschaft anzuführen. Der Planwirtschaft im Osten kann man dann die Marktwirtschaft im Westen gegenüber stellen bzw. den beschönigenden Begriff der „Sozialen Marktwirtschaft“, welcher als Gegensatz zur „Freien Marktwirtschaft“ positioniert wurde. Bei beiden Varianten ist die Gefahr groß gleich zwei Behauptungen zur Funktionsweise des Kapitalismus auf den Leim zu gehen. Einmal die Behauptung es gäbe „freie Märkte“ mit der Behauptung diese würden umso besser funktionieren je „freie“ sie sind. Selbst wenn man letzteres anzweifelt, ist bereits die Grundannahme es hätte jemals so etwas wie „freie Märkte“ gegeben schon eine Fehlannahme auf deren Basis am Ende nichts herauskommen kann, was mit der Realität in Einklang gebracht werden könnte.

    Die zweite Fehlannahme wäre die Übernahme der Ansicht, diese Märkte würden nach Angebot und Nachfrage funktionieren. Das ist bei eher die absolute Ausnahme. Es wird schlicht das gekauft was da ist und was man in der Lage ist zu bezahlen. Vielleicht ist auch hier und da mal etwas dabei, was ein Bedürfnis stillen/befriedigen kann. Das Paradigma nach mehr Profit macht es aber zwingend, dass Bedürfnisse nicht gestillt sondern nur für kurze Zeit befriedet werden und möglichst viel Unzufriedenheit geweckt wird, indem so viel wie möglich verglichen und bewertet wird. Wie oft sind Sie in ein Geschäft gegangen und etwas wurde nach Ihren Vorgaben und Wünschen erst nach der Bestellung hergestellt und lag nicht bereits fertig im Regal?

    Zunächst wäre die Frage zu klären: Wer oder was soll an einem Markt frei sein und was soll dieses frei umfassen oder bedeuten? Alle Märkte in der Geschichte waren bestimmt durch Kultur, Gesellschaft und den jeweiligen Rechtsrahmen in welchem sie angesiedelt waren. Die Vorstellung eines von der Gesellschaft losgelösten freien Marktes ist eine Konstruktion von Adam Smith, welche nie existiert hat. Ebenso hat es vor der Geldwirtschaft keine Tauschwirtschaft gegeben. Hier ist das Buch von David Gaeber „Schulden: Die ersten 5000 Jahre“ sehr hilfreich, um eine Perspektive zu öffnen, wie sich unsere wirtschaftliche Veränderung in den letzten Jahrtausenden in der Realität abgespielt hat und welche Rolle Geld, Macht und Herrschaft darin gespielt haben und bis heute spielen.

    Der Weg zum Kapitalismus war kein Weg, welcher durch Fortschritt gekennzeichnet ist, sondern durch Gewalt erzwungen wurde. Ich denke erst mit diesen Hintergrundwissen kann verstanden werden, warum der Kapitalismus als System so funktioniert wie er es tut. Egal wie viel oberflächlich verändert wird, solange der Kern des Kapitalismus – immer mehr Profit erzielen zu wollen – nicht aufgehoben wird, wird die Gewalt ein prägendes Element unserer Gesellschaft und insbesondere unserer Wirtschaft bleiben.

    Natürlich gibt es nicht den „Kapitalismus“. Aus meiner Sicht ist die pragmatischste Definition für Kapitalismus, dass in einem kapitalistischen System mit dem Einsatz von Kapital mehr Kapital erlangt werden soll, um mehr Kapital zu erlangen. Das Fehlen darüber hinausgehenden Zielen, welche irgendwann einmal erreicht sein könnten, mach den Kapitalismus so flexibel und gleichzeitig so gefährlich. Weil diesem einen Ziel alles untergeordnet wird. Menschliches Handeln wird nicht an einer Ethik oder an Werten ausgerichtet, sondern an der Erhöhung einer abstrakten Zahl, welche einen Kapitalwert repräsentiert.

    Es gibt viele Beispiele wie dieses Prinzip schon gewirkt hat, lange bevor der Begriff Kapitalismus Verwendung findet. Der Zins auf Geld ist schließlich das älteste kapitalistische Prinzip und hat seit seinem Bestehen die gleichen gesellschaftlichen Verwerfungen hervorgebracht. Der Kapitalismus ist nur die Manifestation der Logik, welche durch ein Geldsystem mit Schulden und Zinsen vorgegeben wird. Ein Beispiel sind die Ausführungen von David Graber in seinem Buch zum Thema Schulden und Konquistadoren (S. 330ff) beschreibt. Dies war wiederum nur ein Vorspiel zum Merkantilismus, welcher die Rahmenbedingungen geschaffen hat, unter welchen der Kapitalismus seinen Siegeszug antreten konnte.

    Ich bin gespannt auf Ihre nächste Folge zu Marx und seiner Perspektive auf den Kapitalismus. Alternativen zum Kapitalismus leiden vor allem unter dem Problem, dass diese oft nur Symptome behandeln ohne Ursachen beheben zu können (weil zu klein) oder zu wollen (weil Elemente unkritisch übernommen werden, z. B. Geldsystem). So bleibt der Kapitalismus im Kern unverändert und verdient gut an seinen Kritikern und Abweichlern.

    Mit freundlichen Grüßen
    Martin Finger

    1. Herr Breitenbach

      Lieber Martin Finger,

      Danke für die zahlreichen ergänzenden Gedanken. Da für Sie beim Thema Kapitalismus laut eigener Aussage keine Fragen offen bleiben, bin ich jetzt auch unsicher, ob Sie denn Fragen an uns haben und dahingehend eine Antwort erwarten?

      Ansonsten bin ich wie gesagt dankbar für die zahlreichen Impulse zum Weiterdenken.

      Liebe Grüße
      Patrick Breitenbach

    2. Uh fv

      Zu Ihrer Passage zum Funktionieren von Märkten nach Angebot und Nachfrage: die Verwendung solcher jedem vertraut wirkender Begriffe finde ich auch problematisch. Preise mögen durch Angebot und Nachfrage entstehen. Welche Angebote jedoch überhaupt gemacht werden, ist überaus stark anbietergetrieben. So ist es möglich, dass Märkte voll von Angeboten sind, die sich eigentlich kein Nachfrager wünscht. Trotzdem werden dann diese Angebote „nachgefragt“, um nicht ganz leer dazustehen, nicht, weil ein gutes Angebot gemacht wurde.

  4. Bach

    Influencer ist ein Marketingbegriff, daher ist es logisch, dass es da eher um Produktverkäufe geht, deswegen sollte man das nicht kritisieren. Es gibt auch nichtkäufliche Podcaster, Blogger oder Vlogger, die keine Werbung machen, allerdings können sie davon nicht so leben.

  5. ?

    Welches sind denn die Soziologie-Podcasts, die Herr Köbel sich interessiert angehört hat? Vielleicht wäre deren Anhören ja auch für die Hörer hier von Interesse.

    1. Hans

      Ja, das würde mich auch sehr interessieren.

  6. joergy

    Lieber Patrick,
    am meisten ist mir in dieser Folge Dein Gedanke eines „Aufmerksamkeits“-Kapitals
    nachgegangen.

    In den ersten zwei bis drei Nachkriegsjahrzehnten kamen die meisten Unternehmen
    ohne umfangreiches Marketing aus. Selbst Ende der 80er habe ich in einem Betrieb ge-
    arbeitet, der zwar offiziell einen Vertriebsmitarbeiter hatte, dieser aber fas ausschließlich
    die jeweiligen Kunden auf der nicht-technischen Seite, also bei Verträgen, Kosten, Ver-
    ständnis, etc. betreute als die Werbetrommel zu rühren.
    Es gab zwar auch schon damals Konkurrenz, gegen die man sich durch bessere Pro-
    dukte und tieferes Vertrauen absetzte als durch ein besseres Marketing (Ausnahmen
    bestätigen die Regel). Ein Brand „Tempo“ wurde nicht gemacht. Er war schon einer, be-
    vor man sich dessen bewusst wurde.

    Für meine Wahrnehmung änderte sich das in den Neunzigern. Mehr und mehr genügte
    es nicht mehr eine gute Idee oder einen Bedarf zu erkennen, sondern man musste
    möglichst schnell und eben deutlich auf sich aufmerksam machen.
    Natürlich gab es viele Mechanismen, wie Unternehmensgröße, Präsenz von Werbe-
    agenturen, verbesserte Kommunikation oder internationale Einflüsse, die zu dieser Ver-
    änderung führten.

    Doch warum beschreibe ich dies? In den Neunzigern und den beginnenden 2000er
    Jahren wurden jene heute „jungen Menschen“ geboren, denen es um dieses Aufmerk-
    samkeits-Kapital geht. Und meine Vermutung ist, dass das quasi ein Erziehungs-
    moment durch deren Eltern war. Sich gut am Markt zu verkaufen, erlebten jene Eltern
    als zunehmend wichtiger denn je. Und das färbte natürlich ab.
    Mich hat dies sogar ziemlich oft genervt, denn sollte plötzlich „gut Labern“ können mehr
    zählen, als gute Arbeit zu leisten?
    Sicherlich hat die Fokussierung auf das Aufmerksamkeits-Kapital nochmals durch das
    Internet zugenommen. Dieses entwickelte sich im gleichen Zeitraum und schaffte eine
    ortsübergreifende und superschnelle Vergleichbarkeit, die es vorher nicht gab.

    Das ist mir so durch den Kopf gegangen, als ich Eure Episode hörte.
    Widerspruch ist willkommen 😉

    Herzliche Grüße
    Jörg

  7. Herr Breitenbach

    Lieber Jörg,

    ich glaube, dass mit den Massenmedien und der Massenproduktion der Bedarf an Aufmerksamkeit signifikant gestiegen ist. Die erste Welle habe ich sogar schon vor den 2000ern beobachtet. Erinnerst du dich an die aufkeimende Talkshow-Kultur mit Einzug der Privatsender in Deutschland. Dort begegnete mir das erste Mal Selbstdarstellung ohne Ende. Und es klingt logisch, wenn die Aufmerksamkeit ein knappes Gut wird, weil jeder sie erzielen will, entsprechende Strategien und Kompetenzen entwickelt werden müssen. Und klar, das Internet hat das Fernsehstudio für die Hosentasche hervorgebracht. Ergo eine weitere Explosion der Aufmerksamkeitsökonomie.

    „Gut labern können“ allein reicht heute aber auch nicht mehr aus. Aber sehr wohl die Doppelkompetenz. Ganz wertfrei betrachtet erlebe ich da tatsächlich einen erhöhten Bedarf. Kinder sollen lernen sich zu präsentieren. Das kann man gut oder schlecht beurteilen, aber der Bedarf an dieser Kompetenz scheint spürbar vorhanden zu sein.

    Die Influencer-Thematik treibt meines Erachtens jedoch nur spitze Blüten. Hier geht es um Aufmerksamkeit als Selbstzweck. Wer die meisten Follower erhält, erringt – angeblich – die größte Überzeugungskraft für Produkte. Das ist jedoch wenig nachhaltig und ich kann niemanden empfehlen seinen Lebensweg anhand dieser Biografien auszurichten 🙂

    Liebe Grüße
    Patrick

  8. Joergy

    Lieber Patrick,
    Danke für Deine Ergänzung. Ja das mit dem Selbstzweck meine ich auch hier und da zu sehen, nur man muss mit diesem Urteil vorsichtig sein (ich habe jetzt nicht gesagt, dass Du unvorsichtig wärest ?).
    Mir zeigt das Phänomen aber auch, dass Arbeit eben nicht nur monetäre Ziele hat und die anderen fordern eben auch jene Aufmerksamkeit.
    Gruß
    Jörg

  9. David Fi

    Mir hat die Folge über Max Weber wirklich gut gefallen und bin sehr gespannt auf die Folge über Karl Marx. Auch ich fände es schön, wenn Sie sich intensiv mit der Kritik an Marx auseinandersetzen würden und nehme das Angebot zur Rückmeldung gerne wahr.

    Marxs Analyse des Kapitalismus ist ja in vieler Hinsicht heute noch aktuell. Seine Schlussfolgerung, dass die Ausbeutung der Arbeiter Ergebnis des Produktionsprozesses sei, halte ich aber für äußerst problematisch. Das durch Arbeitslosigkeit bestehende Machtgefälle zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird als gesetzt angesehen und daraus die Notwendigkeit einer Gegenvermachtung ableitet. Diese Gegenvermachtung kommt als etwas Gutes und Edles daher und legitimiert bekanntlich Macht, Zwang und Gewalt gegenüber denen, die sich dem edlen Vorhaben verschließen.

    Staatlich organisierte Bedürfnissbefriedigung ist eben nicht frei von Bevormundung. Das gilt auch für die staatliche Verteilung von Arbeit. Die Bürokratie entwickelt dabei eine Eigendynamik, die gut gemeint, letztlich aber ungerecht ist. Ein schönes Beispiel für die Ineffizienz und die Ungerechtigkeiten eines planwirtschaftlichen Systems sind das deutsche Bildungswesen und in Teilen die Arbeitsmarktreformen im Zuge der Agenda 2010.

    Wie Sie ja selbst oft genug feststellen, ist der Mensch eben nicht nur edel und gut, sondern verfolgt immer auch seine eigenen Interessen und greift nach Macht, wo sich die Gelegenheit bietet. Als Wirtschaftsform entsprechen Märkte und Privateigentum der menschlichen Natur und werden nicht umsonst als effizient angesehen. Dieses Effizienzstreben wird im Kapitalismus verabsolutiert, wenn neben den Arbeitsprodukten auch die natürliche Ressourcen, die Kultur und die Daseinsvorsorge der Logik des Marktes unterworfen werden.

    Ich halte daher die Kritik an den Privilegien, die den Kapitalismus ausmachen, für sehr fruchtbar. Neben dem bereits genannten Pierre-Joseph Proudhon seien an dieser Stelle Henry George, Silvio Gesell und aus heutiger Zeit Dirk Löhr genannt. Während Privateigentum an geschaffenen Dingen als unproblematisch gilt, wird die Ursache für die Ungeleichverteilung von Einkommen und Vermögen in dem privilegierenden Charakter bestimmter Verfügungsrechte gesehen. Sie sahen und sehen in der Ausgestaltung unseres Geldes, unbelastetem Eigentum an Boden / natürlichen Ressourcen oder immateriellen Schutzrechte wie Marken und Patente, Quellen leistungsloser Einkommen, von denen überwiegend ein sehr kleiner Teil der Gesellschaft überdurchschnittlich profitiert. So sieht Dirk Löhr im Boden ein gewaltiges Umverteilungssystem (https://www.heise.de/tp/features/Der-Boden-stellt-eine-gigantische-Umverteilungsmaschinerie-dar-3778718.html).

    Bernd Senf, der auch genannt wurde, vertritt eine auf Silivo Gesell zurückgehende Idee zur Ausgestaltung des Geldes. Er beschränkt sich dabei meines Wissens auf eine Kritik am Zins. Gesells eigentliches Anliegen war aber die Überwindung der Arbeitslosigkeit, durch ein in Umlauf zwingen des Geldes. Gesells Vorschlag wird heute wieder von angesehenen Ökonomen wie Gregory Mankiw oder Kenneth Rogoff aufgegriffen, weil gewaltige Mengen Geld in spekulativen Sphären kreisen, aber nicht investiert werden. Er ist nicht unumstritten, weil seine Werke politisch aufgeladen sind und sein Bild von der Gesellschaft darwinistisch geprägt war. In Bezug auf die Frage nach den Ursachen von Ausbeutung und deren Überwindung hat er meines Erachtens wesentlich mehr zu bieten als Marx.

  10. Bernhard Bakan

    Liebe Genossen ;-),
    ich höre euch schon seit Anbeginn mit großem Interesse. Vielen Dank erstmal für die vielen Interessanten Aspekte aus den Bereichen der Philosophie und Soziologie.
    Zu der Folge über Karl Marx und Kapitalismus hätte ich noch gerne weitere Punkte beleuchtet.
    Wir sprechen bei unserem derzeitigem System immer von Kapitalismus. Meiner Meinung ist unser System kein Kapitalismus sondern eine Geldaristokratie. Also im wesentlichen feudal.
    Die wesentliche Frage nach dem Eigentum, wie dieses entsteht und vergeht könntet ihr nochmal erörtern. Das ein Mensch durch den Zufall seiner Abstammung zu Egentum kommt, wiederspricht meines Erachtens auch der reinen Lehre des Liberalismus und Kapitalismus.
    Wie könnte man hier mehr Gerechtigkeit schaffen. En kleines Gedankenexperiment:
    Nehmen wir mal an, es gäbe eine Gesellschaft, in der Kinder ihren Eltern nach der Geburt zugelost werden, ihre Abstammung erst am Tag ihrer Volljährigkeit erfahren würden, dann aber zu gleichen erbberechtigt wären. Bei ihren Stiefeltern und den biologischen Eltern.
    Würde dann nicht automatisch ein Großteil der Reichen dafür sorgen, dass es keine Armen Kinder mehr gibt?
    So, jetzt muss ich mich noch für oder gegen die GroKo entscheiden.
    Beste Grüße aus Schwaben,
    Bernhard

  11. Carsten

    Hallo zusammen,
    ich habe neulich ein – im Prinzip belangloses – Video gesehen einer australischen Familie, die ihre Wohnung auflöste, um in eine andere Stadt auf dem Australischen Kontinent zu ziehen. Interessant war aber zu beobachten, dass die vierköpfige Familie ihren gesamten Besitzstand in 2 Kleinwagen unterbringen konnte. Man stelle sich nur das Vorhaben einer durchschnittlichen deutschen Familie vor, die mit ihrem gesamten Besitz verzieht. In Europa wird Reichtum mit (materiellem) Besitz gleichgesetzt, den man gerne zeigt. (Statussymbol). Australien hat aber heute 33 Milliardäre. Die Zahl der Milliardäre in Australien hat sich in zehn Jahren mehr als verdoppelt. Das geht nur, wenn der Wohn- und Arbeitsort schnell gewechselt werden kann. Ich möchte so nicht leben, auch wenn es mir Wohlstand ermöglichte.

  12. Theresa

    Zum Schluss die Aussage „wenn jemand sein gehortetes Geld ausgibt und damit reinvestiert, das ist mir lieber, als wenn er es hortet“ – bäm, da kam dann doch der internalisierte Kapitalismus durch. 😀 Ich musste sehr lachen. Alternativ könnte man es halt auch umverteilen. 😉

  13. Michael

    Danke für diese Folge – an einer Stelle muss ich jedoch vehement in einem Detail widersprechen, das gar nichts mit dem Kern der Folge zu tun hat. Es geht um den Anstoß, der von Luthers Bibelübersetzung ausgegangen ist, und dem darauffolgenden Kommentar, ein solcher fehle dem Islam, weil Koranübersetzungen verpönt seien.

    Tatsächlich steht der Koran – einzig unter den bekannten „heiligen Schriften“ – schon immer, und auch heute, in der „Sprache des Volkes“, zumindest in der geschriebenen Standard-Hochsprache, die allen arabischsprachigen Ländern gemein ist. Eine IMHO plausible Theorie besagt, dass gerade die große Bedeutung des geschriebenen Wortes im Islam dazu beigetragen hat, dass sich die „heilige Schrift“-Sprache und die Alltagssprache nie weit voneinander weg entwickelt haben.

    Aus diesem Grund ist die sprachliche Situation kaum zu vergleichen mit der Bibel, die (je nach Kapitel) durch drei oder mehr Sprachfassungen gegangen ist. Mich ärgert dieser Fehler vor allem, weil er dieser plumpen Erzählung in die Hände spielt, dem Islam fehle „eine Aufklärung, wie das Christentum sie vor 500 Jahren durchgemacht hat.“ Warum das Käse ist, brauche ich nicht auszuwalzen.

    Ein berechtigter Einwand wäre die Kritik an Koranschulen in nicht-arabischsprachigen Ländern, wie sie oft aus Pakistan und Afghanistan berichtet wird. Die hat ihre Berechtigung, aber: Was auch immer zur Entwicklung offenerer Gesellschaften in vielen *arabischsprachigen* Ländern fehlt, eine Übersetzung des Koran ist es nicht 😉

  14. Lukas Berendsmeier

    Erstmal danke für eure Podcast. Ich höre euch eigentlich ganz gerne zu. Ich glaube euch sind hier aber ein paar kleine Fehler unterlaufen. Möglicherweise irre ich mich aber auch.
    1. Es ging nicht darum erfolgreich zu sein per se, sondern gut in seinem Beruf zu sein. Es ist eine Berufung die von Gott kommt. Wenn man eben gut in seinem Beruf ist, gehört man zu den Auserwählten. Ich glaube der Begriff des „Berufs“ wurde stark gemacht, durch die Übersetzung der Bibel von Luther. Der Erfolg war dann einfach eine Folge dessen, dass man gut in seinem Beruf war. Ich fand das wurde bei euch nicht so deutlich
    2. Und ich glaube Weber würde sich hüten zu sagen, dass aus der protestantischen Ethik unser heutiger Kapitalismus entstand. Ich glaube eher, dass diese protestantische Ethik, dieser Geist, auf den Geist des Kapitalismus sich auswirkte und ihn mit befeuerte.
    Ja wäre lieb, wenn dazu jemand Stellung nimmt 🙂
    Dann hoffe ich mal auf noch weitere tolle Podcast und lasse liebe Grüße hier

Schreibe einen Kommentar zu Michael Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.